
(Ansichtskarte vom Kunstverlag Hofstetter, 4910 Ried im Innkreis)
(*) Christoph II. von Zelking schuf mit seinem am 28. Oktober 1490 errichteten Testament die materielle Grundlage für den gotischen Schnitzaltar in Kefermarkt (ca. 100 km von Zelking entfernt, 10 km südlich von Freistadt in OÖ gelegen). Die betreffende Textstelle im Testament den Altar betreffend lautet in Hochdeutsch: Ich schaff und will auch, daß auf acht Jahre 32 Pfund Pfennig (7.680 Silbermünzen!) von dem Wein- und Getreidezehent, so ich von Herrn Wenusch von Ebersdorf erkauft habe, der freies Eigen und gelegen ist bei Melk, auf den Dörfern Maierhöfen, Bergern und Freiningau, mit ihrem Zugehör, da soll mein Diener Matthias Kienast von aller Fechsung Gewalt haben, jährlich Wein und Getreide so viel zu verkaufen, damit er die bemelten (wie schon genannten) 32 Pfund Pfennig zur Aufrichtung der Tafel zu Sankt Wolfgang zu Kefermarkt zu malen und zu vergolden brauchen möge.
Es waren die im heutigen Gemeindegebiet von Zelking-Matzleinsdorf befindlichen Grundholden (dem Grundherrn verpflichtete Untertanen, Inhaber einer grundherrschaftlichen Realität) aus Bergern, Maierhöfen und Freiningau. Der dem Grundherrn zustehende Erlös ihrer Hände Arbeit wurde vom Grundherrn allein der Errichtung des Kefermarkter Altars über den Verwalter Matthias Kienast zugedacht. Nach der Fertigstellung des Retabels (Altaraufsatz in Form einer gemalten oder geschnitzten Bilderwand) soll der Ertrag aus dem Wein- und Getreidezehent wieder dem Gutsbetrieb zufließen.
Christoph II. von Zelking erlebte die Vollendung seines Altares nicht mehr, denn er verstarb schon am 2. August 1491 (aber er verfügte über die Bereitstellung von Geldmitteln bis 1497).
(* Schreibmaschinenmanuskript von einer Beschreibung des inzwischen verstorbenen Inspektors Franz Hutter/Melk, mit Ergänzungen durch Frau Dipl.-Ing. Dr. Edith Frimmel/Kefermarkt).

Aufnahme: Ludwig Pichler
Die linke Figur (mit den überkreuzten Beinen) soll Christoph II. von Zelking sein!
Unter anderem gehört auch dieser Altar zu den Zimelien (Zimelie die; lat., = Kleinod) mittelalterlicher Kunst in Österreich! Der Altar besteht (wie alle gotischen Altäre) aus dem Unterbau, Predella genannt, dem Hauptschrein mit den Schreinfiguren und bekrönendem Gesprenge und den beiden Altarflügeln. Zwei Schreinwächter können verschiedenen Orts angebracht sein. In Kefermarkt stehen sie auf zwei Konsolen, links der Hl. Georg und rechts der Hl. Florian.


„Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Post AG“
Beide Abbildungen entstammen dem Kefermarkter Schnitzaltar
Das Ziel dieser Fahrt liegt im gemütlich-behäbigen Mühlviertel. Die äußerlich sehr schlichte Kirche, die diesen Schatz birgt, gehört zu dem an sich wenig bedeutenden Ort Kefermarkt. Was es aber dort zu bestaunen gibt, ist das kostbare Vermächtnis jenes Herrn von Zelking in Holz.
Die Kirche zu Kefermarkt hält durch ihre vornehm-strenge Innenarchitektur alles Laute, Betriebsame, Hektische fern. Schmalhoch sind die ehrwürdigen Fenster dieses Gotteshauses, erhaben die Säulen dieses Kirchenschiffes, durch das die Stille schreitet und uns gleichsam behutsam an der Hand führt zu diesem St.-Wolfgang-Altar.
Man könnte meinen, daß dieser holzgeschnitzte Bischof mit seinem gütig-frohen Antlitz jetzt und jetzt den Mund öffnen könnte, um uns mit einem Segenswunsch in seiner Kirche willkommen zu heißen.
Ernst blickt uns neben ihm St. Petrus an. Unglaublich, daß einst ein Schnitzmesser ein Stück Holz zu solch sprechenden Augen beleben konnte!
Als dritter Heiliger aber zeigt sich hier St. Christophorus, der das ihm segnende Gotteskind auf seinen Schultern durch den unsichtbaren Strom der Prüfungen dieser Welt trägt.
Um diese drei frommen Gestalten blüht auf den reich geschnitzten Flügeln dieses Altars das Leben der biblischen Geschichte. Von Mariä Verkündigung bis zur Dreikönigsszene hat hier der – oder vielleicht die? – Meister Aussagen der Heiligen Schrift dargestellt. Wobei es wie bei so vielen Kunstwerken des späten Mittelalters auch hier nicht an Geheimnissen und Rätsel fehlt.
Beispielsweise die heute noch nicht geklärte Inschrift auf dem Rocksaum des Mohrenfürsten Balthasar: „KIPKMV CENTV 2 WEH OMTAN.“
Wer dies alles geschaffen? Das ist vorläufig das größte Rätsel und Geheimnis um diesen Kunstschatz. Denn der unbekannte Meister hat sich lediglich mit der Jahreszahl „1497“ verewigt.
Herr Christoph von Zelking selbst hat wohl die Weihe des Gotteshauses am 30. Oktober 1476 erlebt, aber nicht mehr die Vollendung des Altars. Denn er verschied am 2. August 1491. In seinem Testament hat er aber die Mittel zur Fertigstellung des Altars sichergestellt.
Diesem Dokument entnehmen wir auch, daß der heutige Ort Kefermarkt damals „Khefferndorf“ hieß und Herr Christoph in seiner Kirche sein „ritterlich begraebnis“ erhalten hat.
Beharrlich geht der Streit der Meiningen weiter über den Schöpfer dieses großartigen Schatzes. Eine Forschergruppe vermutet den berühmten Veit Stoß als den Gestalter, der Passauer Schnitzer Martin Kriechbaum und der Salzburger Altarschnitzer Hans Valkenauer werden von den anderen Fachleuten in Erwägung gezogen. Aber der Zahn der Zeit hat eines Tages auch vor diesem Kunstwerk nicht haltgemacht! Auf einer seiner Reisen als Landesschulinspektor hat Adalbert Stifter eines Tages in dem weltfernen Dörfl Kefermarkt das zu jener Zeit fast vergessene Kunstwerk als vom Holzwurm schwer mitgenommen entdeckt. Er begann mit dem Linzer Bildschnitzer Johann Rint und dem Pfarrer Hölzl den beharrlichen Kampf um die Erhaltung dieses Schatzes.
Die moderne Chemie mit ihren Methoden der Durchgasung von Holzbildwerken hat diese Bemühungen Stifters heute zum endgültigen Sieg geführt.
(Entnommen aus: Kurier, Magazin Weekend, Donnerstag, 22. März 1973, Seite 11; Beitrag von Prof. Otto Stradal)
Es ist die Sankt Wolfgangskirche zu Kefermarkt, des Zelkingers Lieblingswerk. Vor zwanzig Jahren hat er sie gestiftet, damit der Ort ein Gotteshaus habe und dem Land eine neue Wallfahrt werde. Er hat sie wachsen sehen in schweren Zeiten, er hat ihre Weihe erlebt und ihre Erhebung zur Pfarrkirche. Zwei Tage hat das große Fest der Weihe gedauert und auch damals hat Spätherbstwind übers Land geweht. Christoph von Zelking weiß es noch heute, denn seine treue Erinnerung malt ihm ganz deutlich den Augenblick vor, da Albert von Passau mit großem Gefolge über den Kirchenplatz schreitet, während ein herbstrotes Blatt, vom Wind hergeweht, an die Infel des Bischofs rührt … Und vor Kaiser Friedrich, dem dritten des Namens, sieht sich der Zelkinger stehen, seinem hohen Lehensherrn für das helfende Machtwort dankend, das dem Wolfgangheiligtum unterm Schloß Weinberg den Rang einer Pfarrkirche schenkt.
Nur der neue Hochaltar ist noch nicht fertig und wird es noch lange nicht sein, denkt Christoph von Zelking besorgt. Zwar ist der Schrein schon gezimmert und Laubwerk rankt sich schon um die Nischen und beginnt sich darüber zu Baldachinen zu wölben. Aber die Nischen stehen leer und werden noch lange warten müssen auf den Einzug der Heiligen, denen sie dienen wollen als festliche Wohnung. Denn die Heiligen träumen noch tief im Lindenholz: Wolfgang, der Einsiedler-Bischof und Schutzpatron dieser Kirche, Petrus, der Fürst der Apostel und Hüter des himmlischen Schlüssels. Christophorus, der Fährknecht und Träger der Liebe durch die Fährden der Weltflut. Auch fehlen dem Schrein noch die Flügel, die sich aufschlagen werden wie die Blätter eines alten heiligen Buches, um dem Volk zu erzählen vom Besuch des himmlischen Boten im Kämmerlein der reinen Magd, von den Hirten auf dem Felde, die den Gloriaruf des Engels lauschen, und von den reichen Königen, die im Stall der Armut knieen werden. Ja, ein Kunstwerk zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Menschen soll dieser Flügelaltar werden, nicht weniger erhaben als des Michael Pachers Altarwerk in der Kirche zu Sankt Wolfgang im Gebirge drinnen, am grünen Abersee, über dessen Spiegel Tag für Tag die Fahnen der Pilgerschiffe wehen und die Klänge der Wallfahrerweisen tönen.
Der Gedanke an den werdenden Hochaltar hat den Herrn des Schlosses Weinberg noch nie so tief bewegt. Entschlossen wendet er sich ab vom Fenster und befiehlt dem Diener, ihm Pergament zu richten und den besten Kiel zu schneiden. Denn der Hochaltar darf kein Bruchstück bleiben. Der Meister und seine Gesellen werden noch Jahre brauchen, bis das Werk vollendet sein wird. So muß noch über des Stifters Leben hinaus das Entgelt für die Arbeit durch ein Vermächtnis gesichert sein.
Und so schreibt Christoph von Zelking an seinem Testament (*). Er schreibt bis tief in die Nacht hinein, denn außer dem himmlischen Ding des Altarbaus sind auch noch viele irdische Dinge zu ordnen. Bis endlich die welke Hand müde ausruht, nachdem sie an den Rand des Pergaments die Worte gesetzt: „Dieser Brief ist geben am Mittwochabend, dem 28. Tage Octobris, nach Christi unsers lieben Herrn Geburt vierzehnhundert und in dem neunzigsten Jahre.“
Noch einen Sommer sieht der edle Herr ins Land einziehen, doch da durchs spätgereife Korn die Sicheln rauschen, muß sich dem Schnitter Tod das Tor des Schlosses öffnen. Und in ein Hochgrab auf dem Chor der Kefermarkter Kirche geht ein, was sterblich war an Christoph von Zelking.
Und immer wieder rauschen Frühlingsregen auf das Kirchendach, zucken Sommerblitze um den Turm, immer wieder fallen Blätter auf die Stufen vor den Tor, weben Millionen weißer Flocken dem Gotteshaus ein Adventgewand. Doch einmal kommt der Tag, und kommt die Nacht, da sich der Traum erfüllt, den Christoph einst geträumt. Es ist die heilige Nacht, in der die Weihnachtsmesse zum erstenmal vor dem vollendeten Hochaltar gefeiert wird. Und da der Priester die Botschaft liest von der Geburt des Herrn, schlagen sich die Flügel des Schreines auseinander und in der Pracht ihrer faltigen Gewänder schreiten aus des Schreines Nischen die riesigen Gestalten der drei Heiligen auf die staunende Gemeinde zu. So wenigstens scheint es für den ersten Augenblick den Gläubigen, die sich hoch erheben aus den Betbänken, wie aufgerufen von der heiligen Gewalt des Lebens, die der große Meister aus dem Lindenholz beschworen hat. Denn hier spricht Einer aus den Geheimnistiefen einer Seele, die des Volkes Seele ist. Der Bischof, der Apostel und der Fährknecht, der das Gotteskindlein durch die Wasserfluten trägt, schauen sie nicht mit vertrauten Zügen auf die Menschen dieses Landes her, ist es nicht, als werfe sich der Wind, der durch die heimatlichen Wälder weht, in die Falten der Mäntel? Und Maria im Weihnachtsbild der Flügeltafel, auch sie hat ihre Heimat in diesem schönen Land. Bräutliche Innigkeit und Tiefe mütterlicher Hingabe weben am Liebfrauenzauber dieses verklärten Angesichtes, dieser holdseligen Gestalt. Das ist die Muttergottes des Volksgemütes, das ist die liebe Frau, die man, wenn die Gedanken von ihr träumen, durch den verschneiten Wald der Christnacht wandern sehen kann.
Das Ite der Messe ist verklungen, aber noch verlassen die Andächtigen die Kirche nicht, sie drängen sich zum Hochaltar, um den Heiligengestalten ganz nah zu sein. „Bloßfüßig geht der heilige Petrus in seinem herrlichen Gewand“, flüstert einer seinem Nachbarn zu. „Damit man weiß“, gibt er zurück, „daß es ein armer Fischer war, den Gott erhört hat. Sieh den großmächtigen Schlüssel zum Himmelreich, den Petrus in der Hand hält: den hat Gott gegeben.“ – „Und das Buch in seiner anderen Hand, hat er das auch von Gott?“ – „Ein heiliges Buch wird es wohl sein, er hat darin gelesen und nun denkt er über die Worte nach, die drinnen stehen. Es müssen schwere, geheimnisreiche Worte sein, denn er blickt so ernst und angestrengt.“
Und andere Leute stehen vor Sankt Wolfgangs Standbild und ihre Augen weiden sich an dieser hoheitsvollen, vom Prunkgewand der Bischofswürde feierlich umflossenen Gestalt und durch ihre Herzen strömt ein Wohlgefallen an dem stillen Glanz der Harmonie, die das weiße Angesicht des Heiligen verklärt. „So warm wird mir ums Herz“, murmelt ein armes, altes Mütterlein; „ich glaube fast, es schaut der liebe Himmelvater selbst auf mich herab, so viel Güte liegt in diesen Augen, mit so viel Liebe sagen sie: Komm in meinem Frieden!“
„Hart wird’s dem armen Mann, das himmlische Kind ans Ufere zu tragen“, so spricht, der auf Christophorus zeigend, ein Alter, ein Wissender zu Jüngeren, die ihn umstehen; „seht doch nur hin, wie schwer er sich stützt auf den knorrigen Baumstamm!“ – „Es muß ein reißendes Wasser sein, das er durchwatet. “Man könnte schier meinen, daß es die Aist unter Pregarten ist, dort, wo sie strudelt und braust durch die felsige Klamm. Stellt euch nur vor, ihr müßtet dort übers Wasser, noch dazu mit einer Last auf der Schulter!“ –
In so inniges Reden, das wie Musik aus den Tiefen der Herzen strömt, klingt die Weihnachtsmesse in der Kirche zu Kefermarkt aus. Und immer wieder kommen Leute von nah und fern, Messegänger und Wallfahrervolk, zu den Heiligen des gotischen Schreins, um mit ihnen Zwiesprache zu halten. Und in den Stunden, da es ganz still in der Kirche ist, da mag es wohl sein, daß ein einsamer Pilger, einer, der nach den Sinn aller Mühsal sucht, vor Christophorus steht und ihn als einen lieben Bruder erkennt, zu dem er aufzureden beginnt: „Der du dich müd gewandert hast, umpeitscht vom Sturm, bedroht von wilden Wassern, der du keuchest unter wachsender Beschwerde und dennoch aufrecht bleibst, so gläubig glüht dein Wille: O lieber Bruder mit dem leidgehämmerten Gesicht, aus dem geheim ein Glanz vom Opferfeuer deines Herzens flammt, gib deine weltenschwere Last von deiner Schulter auf die meine, denn sieh, ich will dir helfen, die Liebe hochzuhalten, daß sie in der Flut der Welt nicht untergehe!“ –
Eines Tages aber, als die Sonne durch ein Farbfenster ins Dämmerdunkel der Kirche blickt, findet sie die Heiligen des Flügelaltars ganz vereinsamt. Unheimlich still ist es um sie geworden. Verstummt sind die Glocken im Turm, kein Orgelklang rauscht durch den Raum, es tönt kein Predigtwort auf und kein Meßlied. Denn der Glaubenskrieg ist entbrannt und der Weinberger Schlossherr Wolfgang Wilhelm von Zelking, der Enkel Christophs, hat die Sperre der Kirche befohlen.
Als aber dann mit der Gegenreformation der Siegeszug der barocken Kunst auch das Land im Norden der Donau erreicht, verlernt das Volk die Sprache zu verstehen, die der Meister des Kefermarkter Altares spricht. Und wie als Sinnbild des Vergessens baut sich vor dem Schrein eine schwarze Bretterwand auf, hinter der unbeachtet die großen Heiligen trauern und mit ihnen die kleinen Engel, die der Meister als himmlische Musikanten ins geschnitzte Laubwerk des Schreins gesetzt hat. Doch jetzt ist ihnen die Lust zum Musizieren vergangen. Verloren sind Flöte und Hirtenpfeife, zerbrochen Laute und Harfe. Hat diesen kleinen Engeln der Schmerz, daß ihr Schöpfer verkannt, daß sein Werk geschändet ist, die Instrumente des Lobgesanges zerschlagen?
Aber sieh, hier fehlt eine der zarten Hände, die um entglittenes Saitenspiel trauern, ein Finger und dort ist einem der geflügelten Flötenbläser die Lippe zersprungen. Sie sind also krank, die himmlischen Spieler, heimgesucht vom nagenden Leiden? Ja, sie und alle ihre Gefährten, alle die kleinen und großen Geschöpfe des Meisters sind von einer furchtbaren Seuche befallen. Winzige Tiere haben sich in ihre Leiber gebohrt und bedrohen sie tödlich.
Aber harret aus, ihr Gepeinigten, grausam Geprüften, noch ist Hoffnung kein Wahn. Harret aus, die Stunde der Rettung ist nah! Schon rollt ein Wagen herab ins Aisttal, man sieht ihn nur nicht, weil noch Hügel davor sind, aber er rollt euch entgegen, er kommt näher und näher und schon ziehen ihn die Pferde den Berg hinan, auf dem eure heilige Wohnung steht. Und jetzt hält der Wagen, den des Kaisers Statthalter schickt, vor dem Pfarrhof und drei Männer steigen aus dem Gefährt, die aus Linz zu euch kommen. Der Pfarrer, dessen Herz für euch schlägt, mit euch leidet, begrüßt jetzt die Männer und geleitet sie jetzt in die Kirche. Und nun ruhen Kennerblicke auf euch und Blicke der Liebe. Es ruhen Adalbert Stifters Augen auf euch und verheißen Heilung. Harret aus, ihr seid nicht verloren: der gute Geist des Landes, das eure Heimat ist, nimmt euch in Schutz und Pflege. Aber nach einem halben Jahrhundert sitzt der Todfeind wieder im Holz. Immer wieder versucht man, ihn zu vertreiben, doch furchtbar ist die Zähigkeit seines Lebens. Da wird noch einmal – man schreibt den 4. November 1929 – die Speere der Kirche befohlen. Blausäure überrascht den Holzwurm in seinen verborgenen Gängen und triumphiert über den Erbfeind des Schnitzaltars.
Kefermarkt ist wieder Wallfahrt, Ziel vieler Pilger, die Zwiesprache halten mit den Heiligen des Wunderschreins. Der Meister aber lebt im Geheimnis, ein großer Unbekannter, ein Namenloser. Kein Raten und Raunen, kein Fragen und Forschen haben noch die Wolke gelüftet, in der er sich hüllt.
(* Entnommen aus: Drei-Königs-Bote, Kalender für die österreichischen Wallfahrer und Wallfahrtsorte. 2. Jahrgang, 1948, Seite 70
„Kirchenführer“
Die Geschichte der Pfarr- und Wallfahrtskirche Kefermarkt
Der Kirchenbau erfolgte als Erfüllung eines Gelübdes mit Zustimmung des Bischofs der Diözese Passau. Christophs Anstrengungen um den Bau beweisen drei Ablaßbriefe aus dem Jahre 1473. In einem wird angedeutet, daß das Oratorium oder die Kapelle schon begonnen, aber noch nicht vollendet sei. In diesem Jahr musste der Bauherr als Hauptmann des Marchlandviertels gegen die Böhmen zu Felde ziehen. 1475 gestattete der päpstliche Nuntius Alexander die Messfeier auf einem Tragaltar (Portatile) für die Pilgerscharen auf den fünf erbauten, aber noch nicht geweihten Altären. Im höchstrangigen Ablassbrief des Papstes Sixtus IV. vom 3. Jänner 1476 wird erwähnt, daß das Gotteshaus bereits seiner Vollendung entgegengehe. Die tatkräftige Förderung ermöglichte die Kirchenweihe am 30. 10. 1476 mit Hochaltar und vier Seitenaltären sowie am folgenden Tag (dem Fest- und Namenstag des Schutzheiligen Wolfgang) die Weihe der Sebastianskapelle über der Sakristei. Die Feierlichkeiten vollführte der Weihbischof von Passau, Albert Schöndorfer, Titularbischof von Salona in der Erzdiözese von Athen (Weihbischof 1473
–1489, † 7. Juli 1493), den mehr als nur diese Weihe mit Kefermarkt verband. Weihbischof Albert diente als „Modell“ für den hl. Wolfgang im Schrein des Flügelaltares von Kefermarkt.Christoph verfolgte auch weiterhin zielstrebig sein Vorhaben, für das kleine Keferndorf das Marktrecht zu erlangen. Kaiser Friedrich III. erhob am 18. September 1479 die Ortschaft zum Markt.
Der Höhepunkt von Christophs Bemühungen war erreicht, als es ihm gelang, die Wallfahrtskirche zu einer Pfarrkirche zu erheben und Kefermarkt als selbstständige Pfarre von der Mutterpfarre Lasberg zu lösen (lassen). Dabei half Kaiser Friedrich III. seinem getreuen Gefolgsmann, indem er als Lehensherr 1480 dem gegenseitigen Tausch der Vogtei der Veitskirche von Lasberg gegen jene über die Margarethenkirche in Groß Gerungs zustimmte. Damit brachte Christoph nicht nur die Begräbnisstätte seines Vaters und Bruders in Lasberg an sich, sondern er konnte als Lehensherr auch Kefermarkt aus dem Pfarrsprengel Lasberg lostrennen. 1489 stiftete er zu der Ewigen Messe von 1473 zwei weitere, und es standen nun für die Bedürfnisse der Wallfahrer drei Priester zur Verfügung. 1483 hatte Christoph vom Kaiser gegen Bezahlung von zweitausend Gulden die Pflegschaft mit Landgericht zu Freistadt erworben. Am 28. 10. 1490 ließ Christoph sein ausführliches Testament verfassen, das bis jetzt nicht annähernd ausgewertet wurde. Er starb am 2. 8. 1491 in seinem Haus in Freistadt und wurde in der Kefermarkter Kirche in der Gruft vor dem Hochaltar beigesetzt. Das Hochgrab wurde 1776 eingesenkt, die in den Boden des Chores eingelassene Grabplatte aus Adneter Marmor 1897 an der linken Chorwand angebracht. Die Inschrift des Wappensteines in gotischen Minuskeln:
„Hie ligt begraben Cristoff hern wilhalbm von celkin säligen sun dr gestorben ist nach Christi gepurd MCCCCLXXXXI jahre an sand steffans tag, des heyligen pabst dem got gnad“.
Die lateinische Inschrift des verlorenen Hochgrabes ist überliefert und an der linken Chorwand aufgemalt:
„Christoph Freiherr von Zelking, berühmt durch Abstammung und Kriegstaten, ruht unter dem Marmor in der von (unter!) ihm erbauten Kirche; sein Geist ist in der Seligkeit des Himmelreiches. Mehr wollte er zu Lebzeiten erreichen, doch raffte ihn der Tod zu früh weg. Wer auf diesem Marmor den Namen des großen Mannes liest, möge beten: Lebe in Gott.“
Nach dem Ableben Christophs übernahm sein Sohn Veit die weitere Ausstattung des Gotteshauses: 1504 weihte der Weihbischof Bernhard Meurl der von 1491
–1509 auch Pfarrer von Freistadt war, zwei Altäre „subtus basilikam“ zu Ehren Fronleichnams und der Vierzehn Nothelfer. Veit von Zelking stiftete um 1516 die große und die mittlere und um 1520 die kleine Glocke. Er starb 1559. Bereits 1526 hatte Veit den Prediger der Wiedertäufer Hans Schlaffer im Schloss Weinberg gastlich aufgenommen und 1558 lutherische Prädikanten nach Kefermarkt berufen. Nach 1568 gab es in Kefermarkt keinen einzigen Seelsorger mehr. 1614 wurde ein Altar abgebrochen. 1629 verkaufte der überzeugungstreue Protestant Christoph Wilhelm von Zelking Weinberg an Hans Christoph von Thürheim und zog sich auf seine Stammburg Zelking bei Melk zurück. Er starb 1631. Mit seinem unmündigen (*) Sohn Ludwig Wilhelm ist 1634 dieses alte Geschlecht erloschen.(* Ludwig Wilhelm von Zelking verstarb am 10. April 1634 im hiesigen Schloss als 28-jähriger!)
Entnommen aus: Wallfahrtskirche Kefermarkt (Kirchenbeschreibung), Kunstverlag Hofstetter 1996 und 2001, jeweils Seite 2-4
Das Gebäude ist in Privatbesitz. Der Umbau zum Amtshaus wäre der Gemeinde zu teuer gekommen erklärten die Bausachverständigen in der Landesbaudirektion. Nun steht ein modernes Gemeindehaus im Ort.
Der ehemalige evangelische Pfarrhof wird heute ab und zu von Flüchtlingen oder kurzfristig Unterkunftssuchenden bewohnt und scheint dem Verfall preisgegeben zu sein.
Im Testament des Hans Wilhelm von Zelking, eines der bedeutendsten Besitzer der Herrschaft Weinberg und Erneuerer des Schlosses Weinberg, fand in ich den aufschlußreichen Hinweis über den Erbauer. So schreibt Hans Wilhelm Herr von Zelking in seinem „Letzten Testament vom 18. Jänner 1616“ unter anderem unter Punkt 11: „Fürs Dritte, nachdem durch meinen geliebten Uhrahn Herrn Christoph Herrn von Zelkhing die Kirche in Khefermarkht zu der Ehre Gottes erbauth, auch die Pfarr derselbigen Kirchen als Hofprediger durch meine Vorfahren und mich auch von meiner Herrschaft Weinberg aus mit leiblicher Nottdurft unterhalten worden sein, so ordne und verschaffe ich hiemit das hinfueran zu ebigen Zeiten (…) durch meine Erben und Inhaber der Herrschaft Weinberg die Kirchen mit Christlichen Gelehrten, qualifizierten getreuen Lehrern und Predigern … zu gehalten und besorgt werden. Auch denselben Pfarrer und Seelsorgern, der durch meinen lieben Herrn Vettern, (rechtmäßig eigentlich Onkel, verstorbener Bruder seines Vaters. Anmerkung der Verfassserin) Wolf Wilhelm Herrn von Zelking sel. von Grund auf erbauten Pfarrhof in Kefermarkt sambt dem dazugehoerigen Wiesl, Aeckerl und Holzstatt und noch dazu 100 Gulden rheinisch bares Geld, 20 Mezen Korn, 2 Mezen Gerste, 3 Mezen Hafer, neun Eimer Wein und zehn Eimer Bier jährlich und jedes Jahr besonders zu seiner Unterhaltung getreulich geraicht und gegeben werden.“
Verkauf an die katholischen Thürheimer
Wolf Wilhelm Herr von Zelking starb wider Erwarten schon 1574, nachdem er 1559 von seinem Onkel Veit von Zelking die Verwaltung von Weinberg übernommen hatte. 1569 gab er die Verwaltung von Weinberg an seinen Bruder Georg Wilhelm. Wolf Wilhelm war mit Wandula von Polheim verheiratet, hatte aber keine erbberechtigten Kinder gezeugt. Auch der Vater von Hans Wilhelm, sein Name war Peter Wilhelm, starb zur Zeit, als sein Sohn geboren wurde, er war mit Justina von Polheim vermählt.
Aus der zeitlichen Aufstellung kann man entnehmen, daß der evangelische Pfarrhof in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts entstanden ist, der damaligen Mode entsprechend, im Renaissancestil.
Da die Herrschaft Weinberg am 15. Juni 1629 der Konfession halber an den katholischen Herrn Hans Christoph von Thürheim verkauft werden musste, gelangte auch der evangelische Pfarrhof in dessen Besitz. Der weniger ansprechende Zubau dürfte unter den neuen Besitzern erfolgt sein.
Die weiteren Besitzverhältnisse
Aus der Familiengeschichte der Grafen Thürheim ist ersichtlich, daß Gundacar Josef von Thürheim (1709
Er heiratete 1745 Maria Dominica Hager, Freiinn von Allentsteig. Sie dürfte das hübsche Haus oberhalb der Kirche von Kefermarkt als Morgengabe übernommen haben.
Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie der ehemalige evangelische Pfarrhof in die Familie Hager kam. Jedenfalls dürfte aus dieser Familie der jetzige Namen des Gebäudes „Hagerhaus“ stammen. Es ist schade, daß dieses traditionsreiche Haus im Zentrum von Kefermarkt nicht passend genutzt und erhalten werden kann.
(Dipl.-Ing. Dr.) Edith Frimmel
(* Entnommen aus: EuroJournal Mühlviertel–Böhmerwald, 6. Jahrgang, Heft 4/2000, Seite 13)
Ich war bisher nur vorzugsweise in die Alpen gegangen, die nördlichen Hochlande hatte ich bloß ein einziges Mal betreten, und nur eine kleine Ecke derselben durchwandert. Jetzt sollte ich mit meinem Gastfreund eine Fahrt in das Innere (= nördliches Hochland von Oberösterreich) derselben machen; denn die Kirche, welches das Ziel unserer Reise war, steht weit näher an der nördlichen, als an der südlichen Grenze des Hochlandes (Seite 276).
In diesem Land sind noch viele Altertümer zerstreut und aufbewahrt, es haben einmal reiche Geschlechter (u. a. auch das Geschlecht der Herren von Zelking) in ihm gewohnt, und die Krieges und Völkerstürme sind nicht durch das Land gegangen.
Wir kamen in den kleinen Ort Kerberg (Kerberg = Kefermarkt – Anhang, Seite 850). Er liegt in einem sehr abgeschiedenen Winkel und ist von keinerlei Bedeutung. Nicht einmal eine Straße von nur etwas lebhaftem Verkehr führt durch, sondern nur einer jener Landwege, wie sie zum Austausch der Erzeugnisse der Bevölkerung dienen, und von dem guten Sand- und Steinstoff des Landes sehr gut gebaut sind. Nur die Lage ist schön, daher die Bildungen etwas größer sind, und mit dämmerigem Walde teilweise bekleidet anmutig zusammentreten. Und doch steht in diesem Ort die Kirche, zu welcher wir auf der Reise waren. Hinter dem Ort ungefähr nach Mitternacht (= Norden) liegt ein weitläufiges Schloss auf einem Berg, welches große Garten- und Waldanlagen um sich hat. Auf diesem Schloss hat einmal ein reiches und mächtiges Geschlecht gewohnt. Einer von Ihnen hatte in dem kleinen Ort die Kirche bauen lassen (1473 wurde unter Christoph von Zelking, Herr auf Schloss Weinberg bei Khefferndorff [=Kefermarkt], mit dem Bau einer Kirche begonnen, die 1476 geweiht wurde. Der Hochaltar war dem hl. Wolfgang gewidmet und drei Jahre später wurde der Ort Marktflecken und erhielt seinen bis ins 19. Jh. gültigen Namen – Anhang, Seite 851).
Er hat die Kirche im altdeutschen Stile gebaut (erbauen lassen!), Spitzbögen (Seite 277) schließen sie, schlanke Säulen aus Stein teilen sie in drei Schiffe, und hohe Fenster mit Steinrosen in ihren Bögen und mit den kleinen vieleckigen Täfelchen geben ihr Licht. Der Hochaltar (die Geschichte des Kefermarkter Altars ist außergewöhnlich gut dokumentiert, die ursprüngliche Ausgestaltung ist in einem Testament des Künstlers von 1490 niedergelegt, der Wechsel konfessioneller Zugehörigkeit läßt sich rekonstruieren, ebenso wie die meist barocken Veränderungen. Die Restauration des Altars 1852–55 wurde von Eduard Freiherr von Bach, dem Statthalter von Linz, an den Linzer Schnitzer Johann Rint übergeben, die Aufsicht über die Wiederherstellung leitete der „bekannte kunstsinnige Schulrat Adalbert Stifter“ – Anhang, Seite 851) ist aus Lindenholz geschnitzt, steht wie eine Monstranz auf dem Priesterplatz, und ist von fünf Fenstern umgeben. Viele Zeiten sind vorübergegangen. Der Gründer ist gestorben, man zeigt sein Bild aus rotem Marmor in Halbarbeit (Halbarbeit: halberhabene Arbeit, Halbrelief – siehe Anhang, Seite 851) auf einer Platte in der Kirche. Andere Menschen sind gekommen, man machte Zutaten in der Kirche, man bemalte und bestrich die steinernen Säulen und die aus gehauenen Steinen gebauten Wände, man ersetzte die zwei Seitenaltäre, von deren Gestalt man jetzt nichts mehr weiß, durch neue, und es geht die Sage, dass schöne Glasgemälde die Monstranz umstanden haben, dass sie fortgenommen seien, und dass gemeine (gewöhnliche) viereckige Tafeln in die fünf Fenster gesetzt wurden. Sie verunzieren in der Tat noch jetzt die Kirche. Die neuen Besitzer des Schlosses waren nicht mehr so reich und mächtig (hier ist das Geschlecht der Familie Thürheim gemeint!), andere Zeiten hatten andere Gedanken bekommen, und so war der geschnitzte Hochaltar von Vögeln, Fliegen und Ungeziefer beschmutzt worden, die Sonne, die ungehindert durch die viereckigen Tafeln hereinschien, hatte ihn ausgedörrt, Teile fielen herab, und wurden willkürlich wieder hinaufgetan und durcheinander gestellt und in Arme, Angesichter und Gewänder bohrte sich der Wurm.
Darum haben die Behörden des Landes den Altar wieder hergestellt (herstellen lassen), und zu diesem gingen wir.
Eustach geleitete uns in die Kirche, es war ein sonniger Vormittag, kein Mensch war zugegen, und wir traten vor das Schnitzwerk. Eustach konnte vieles aus den Regeln der alten Kunst und aus der Geschichte derselben erklären. Er sprach über das Mittelfeld, in welchem drei ganze überlebensgroße Gestalten auf reich verzierten Gestellen unter reichen Überdächern standen. Es waren die Gestalten des heiligen Petrus und des heiligen Wolfgang – beide in Bischofsgewändern – und des heiligen Christophorus, wie er das (Seite 278) Jesuskindlein auf der Schulter trägt, und wie dasselbe nach der Legende dem riesenhaft starken Manne schwer wie ein Weltball wird, und seine Kräfte erschöpft, welche Erschöpfung in der Gestalt ausgedrückt ist. Sehr viele kleine Gestalten waren noch nach der Sitte unserer Voreltern in dem Raum zerstreut. An dem Mittelfeld waren in gezierten Rahmen zwei Flügel, auf welchem Bilder in halberhabener Arbeit sich befanden: die Verkündigung des Engels, die Geburt des Heilandes, die Opferung der drei Könige, und der Tod Marias. Oberhalb des Mittelstückes war ein Giebel mit der emporstrebenden durchbrochenen Arbeit, die man, wie Eustach meint, fälschlich die gotische nennt (die man … fälschlich die gotische nennt: Angespielt wird auf die abwertend gemeinte Bezeichnung der mittelalterlichen Baukunst im Kontex des Weimarer Klassizismus, die sich erst später zu einer neutralen Epochenbezeichnung wandelte), da sie vielmehr mittelalterlich deutsch sei. In diese durchbrochene Arbeit waren mehrere Gestalten eingestreut. Zu beiden Seiten hinter den Flügeln standen die Gestalten des heiligen Florian und des heiligen Georg in mittelalterlicher Ritterrüstung empor. Der heilige Florian hatte das Sinnbild des brennenden Hauses und der heilige Georg das des Drachen zu seinen Füßen. Eustach behauptete, dass sich nur aus der Ansicht eines Sinnbildes die Kleinheit solcher Beigaben zu altertümlichen Gestalten erkläre, da unsere kunstsinnigen Altvorderen gewiß nicht den großen Fehler der Unverhältnismäßigkeit der Körper der Gegenstände gemacht haben würden. Mein Gastfreund sagte, ohne die Meinung Eustachs verwerfen zu wollen, dass man die Sache auch etwa so auslegen könne, dass man durch die über alles Maß hinausgehende Größe der Gestalten, gegen welche ein Haus oder ein Drache klein sei, ihre Übernatürlichkeit habe ausdrücken wollen.
Mein Gastfreund sagte, es müßte einmal nicht nur viel kunstsinnigere Zeiten gewesen sein als heute, sondern es müßte die Kunst auch ein allgemeineres Verständnis bis in das unterste Volk hinab gefunden haben; denn wie wären sonst Kunstwerke in so abgelegene Orte wie Kerberg gekommen, oder wie befänden sich solche in noch kleineren Kirchen und Kapellen des Hochlandes, die oft einsam auf (Seite 279) einem Hügel stehen, oder mit ihren Mauern aus einem Waldberg hervorragen, oder wie wären kleine Kirchlein, Feldkapellen, Wegsäulen und Gedenksteine alter Zeit mit solcher Kunst gearbeitet: so wie heutzutage der Kunstverfall bis in die höheren Stände hinauf rage, weil man nicht nur in die Kirchen, Gräber und heiligen Orte abscheuliche Gestalten, die eher die Andacht zerstören als befördern, von dem Volk aufstellen läßt, sondern auch bis zu sich hinauf in das herrschaftliche Schloss so oft die leeren und Geistesarmen Arbeiten einer ohnmächtigen Zeit zieht. Meines Gastfreundes und Eustachs bemächtigte sich bei diesen Betrachtungen eine Traurigkeit, welche ich nicht ganz begriff.
Wir betrachteten nach dem Altar auch noch die Kirche, betrachteten das Steinbild des Mannes, der sie hatte erbauen lassen, und betrachteten noch andere alte Grabdenkmäler und Inschriften. Es zeigte sich hier, dass die fünf Fenster des Priesterplatzes nicht wie die Fenster des Kirchenschiffes in ihren Spitzbogen Steinrosen hatten, was als neuer Beweis galt, dass das Glas aus diesen Fenstern einmal herausgenommen worden war, und dass man zur besseren Gewinnung der Gemälde in den Spitzbogen oder gar zur bequemerer Einsetzung der viereckigen Tafeln in die steinernen Fassungen weggeräumt habe.
Ich ging mit manchen Gedanken bereichert neben meinen zwei Begleitern aus der Kirche (Seite 280).
(* Teilentnahme aus der Taschenbuchausgabe: Der Nachsommer von Adalbert Stifter, 2005. Philipp Reclam jun., Stuttgart ISBN 3-15-018352-9, Erster Band: Die Begegnung [in der heutigen Schreibweise wiedergegeben!]. Die erzählte Zeit des Nachsommers ist ungefähr in den Jahren 1826–1830 anzusetzen)
Der Ort Zelking in der Nähe von Melk gab dem ehrwürdigen Geschlecht den Namen. Unter Herzog Albrecht I. wurde Otto II. von Zelking um 1282 zum Burghauptmann von Freistadt bestellt. Ein Burglehen der Feste Weinberg dürfte Anfang des 14. Jahrhunderts an die Herren von Zelking gefallen sein. Otto I. hatte die Lehen über Zelking und die Schallaburg inne. Im 16. Jahrhundert nahmen die Herren von Zelking die neue Lehre von Martin Luther an. Wir begegnen ihnen im Umfeld der Landesfürsten und auch der Kaiser des Deutschen Reiches. Nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten die Herren von Zelking ihren Besitz an katholische Adelige verkaufen. Zudem führte das Ausbleiben männlicher Nachkommen zum Erlöschen des Adelsgeschlechts derer von Zelking. Ihre Stimme ist mädchenhaft frisch. Wer mit ihr telefoniert, würde kaum vermuten. dass sie bereits in einem Alter ist, in dem andere den Ruhestand genießen. Edith Frimmel hat gerade ihr erstes Buch veröffentlicht. Die Autorin bringt damit ihren Respekt vor den Schöpfern wunderbarer Kulturgüter zum Ausdruck.Aufgewachsen am Ossiachersee in Kärnten erwacht Edith Frimmels Interesse für Geschichte bereits in der Kindheit – und bleibt ihre lebenslange Passion! Als Frimmel in den 60er Jahren nach Kefermarkt im Mühlviertel übersiedelt, bekommt ihr Interesse besondere Nahrung. Sie beginnt sich mit dem Renaissanceschloss Weinberg, das über ihrem neuen Heimatort thront, zu befassen. “Ich habe mich gefragt, wo sind die Wurzeln dieses grandiosen Baues“, so die Autorin. Bei ihren Recherchen stößt Edith Frimmel auf die Zelkinger, ein altes Adelsgeschlecht, dessen Spuren sich beinahe 1.000 Jahre zurückverfolgen lassen. Anfang des 14. Jahrhunderts dürften sie das Burglehen der Feste Weinberg erhalten haben. Da die Zelkinger protestantisch waren, wurden sie im Zuge der Gegenreformation aber gezwungen, das Schloss zu verlassen. Sie veräußerten es an die Familie von Thürheim zu Bibrachzell, die Weinberg großzügig umbauen ließ. Das Geschlecht der Zelkinger starb mangels männlicher Nachkommen im 17. Jahrhundert aus.Als 1988 in Schloss Weinberg die Landesausstellung „Mühlviertel – Natur, Kultur, Leben" stattfindet, wirkt Edith Frimmel mit und schreibt über die Bedeutung des Geschlechts der Zelkinger. „Zu dieser Zeit entstand der Entschluss, mich tiefer mit der Materie zu befassen“, erinnert sich Frimmel. Es sollte aber noch 25 Jahre dauern, bis sie ein Buch dazu veröffentlichen konnte. Bei ihren Recherchen stand die Autorin vor vielfältigen Herausforderungen. Frimmel erinnert sich, dass sie sich bei der Sichtung historischer Dokumente immer wieder die Fragen stellen musste: „Was ist richtig? Was ist eine Fälschung? Worauf kann man vertrauen, sodass man annähernd zur Wahrheit kommt?“ Es waren unzählige Kilometer, die Frimmel zurücklegte, um zu den Orten zu gelangen, an denen die Herren von Zelking ihre Spuren hinterließen, um so die notwendigen Informationen zu sammeln.


An die Veröffentlichung eines zweiten Buches denkt Edith Frimmel nicht:
„Ich bin zu alt, um an ein weiteres Buch zu denken“, sagt sie und verweist auf ihre 85 Lebensjahre. Als Autorin will sie sich aber weiter betätigen und, wie bisher, Aufsätze in einschlägigen Publikationen veröffentlichen.OÖ Kultur, August 2011 von Petra Fosen-Schlichtinger
(* Zur Autorin: Frau Dipl.-Ing. Dr. Edith Frimmel, Kefermarkt/Oberösterreich, befasst sich schon seit vielen Jahren intensiv mit
„unserem“ Geschlecht. Per Zufall durfte ich schon vor „ein paar Jahren“ diese Autorin kennen lernen. Seither „verbindet“ uns die gemeinsame „Zelkingsuche“, wobei Sie die weitaus bessere Historikerin ist und bleibt!)
im Mühlviertel, südlich Freistadt
Oberösterreich
Schloß Weinberg ist eine der mächtigsten Anlagen des Mühlviertels und zählt zu den schönsten Bauwerken in Oberösterreich.
Im Jahre 1378 gelangte Weinberg an die Zelking. Albert der V. starb 1394 und ist in der Pfarrkirche zu Lasberg bestattet. Seine Gattin (war) Agnes von Rohr. Aus dieser Ehe (stammen) Erhart, Wilhelm I. und Margareth. Erhart war in zweiter Ehe mit Anna, Tochter des Grafen von Ortenburg verheiratet. Wilhelm I. mit Anna, Tochter des Gundackers von Starhemberg. Aus dieser Ehe (stammen) sechs Kinder. Wilhelm hat beim Leichenbegräbnis König Albrechts V. das Banner von Österreich ob der Enns getragen. Sein Sohn Hanns IV. wurde auf der Tiberbrücke durch Kaiser Friedrich III. zum Ritter geschlagen. Seine Ruhestätte ist die Pfarrkirche zu Lasberg. Wilhelm I. starb 1469 und liegt neben seinem Vater Albrecht V. zu Lasberg. Erhart starb 1470 und wurde in der Klosterkirche Baumgartenberg beigesetzt.
1490 stiftet Christoph II. von Zelking den weltberühmten spätgotischen Flügelaltar von Kefermarkt. Der Meister ist unbekannt. Kaiser Friedrich III. belehnte Christoph II. mit Weinberg. Er starb am 2. August 1491 und wurde im Presbyterium beigesetzt. Christoph war zweimal verheiratet. Die erste Gattin (war) Margarethe von Pottendorf, (seine) zweite Gattin Apollonia von Polheim. Aus erster Ehe (stammte) Hanns VII., Veit, Barbara und Margreth, aus der zweiten Ehe Wilhelm II., Wolfgang und Anna.
Nach dem Tode Christoph II. übernahmen die Söhne Hanns VII. und Veit (gest. 18. 8. 1541) für sich und ihre unmündigen Brüder Wilhelm II. und Wolfgang die Herrschaft Weinberg. Wolfgang (war) verheiratet mit Margaretha, Tochter des Bartholomäus von Starhemberg, Hanns VII., 1514 verheiratet mit Magdalena, Tochter des Johanns von der Leiter zu Pern, gestorben 1526. Begraben in der Pfarrkirche von Kefermarkt. Aus dieser Ehe (entsprossen) Margaretha, Barbara und Christoph III.
1569 (kamen Schloss und Herrschaft) an Carl Ludwig, verheiratet mit Ursula, Tochter des Andreas Freiherrn von Prag. Am 18. 1. 1574 übergab Carl Ludwig Weinberg seinem Vetter Hanns Christoph, Sohn Christoph III. Nach dem Ableben Hanns Christoph im Erbwege 1583 an Hanns Wilhelm, Sohn Peter Wilhelms (aus der) Ehe mit Justina von Polheim.
Christoph Wilhelm II., Sohn Carl Ludwigs aus der Ehe mit Ursula von Prag. Hanns Wilhelm (1561–1627) heiratete 1584 Susanna, Tochter Heinrichs von Starhemberg. Kinder: vier Söhne, zwei Töchter.
Unter Hanns Wilhelm wurden Umbauten vorgenommen.
Unter anderem, die Brunnenschale im vorderen Hof 1589, die Stuckdecke 1604, das kunstvolle Stiegenhausgitter im zweiten Obergeschoß (Türkengitter) 1622.
Der Verkauf der Herrschaft Weinberg durch Christoph Wilhelm II. von Zelking (erfolgte) an Hans Christoph von Thürheim am 15. Juni 1629. Christoph Wilhelm II. von Zelking starb am 27. April 1631 zu Wien, Ludwig Wilhelm, der Letzte dieses großen Geschlechts, verstarb am 10. April 1634 im ehemaligen Schloss Zelking (beide liegen in der Gruft der Pfarrkirche Zelking begraben).
Oskar Hille; Burgen und Schlösser von Oberösterreich 2. Auflage 1992; Teilentnahme aus Seite 209/210
Die einstige Burg der Piber vom Anfang des 14. Jahrhundert ist von (unter) den Zelkingern Ende des 16. und in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert zum Schloß umgebaut worden.
An der Wehranlage erinnern noch die Rundtürme mit der mächtigen Ringmauer, der Halsgraben, vor allem der Torbau mit einer noch erhaltenen Wippbrücke.
250 Jahre war Weinberg Zelkingischer Besitz. Christoph von Zelking ließ 1447 im benachbarten Kefermarkt die St.-Wolfgangs-Kirche bauen und stiftete den berühmten Altar.
Die Stammburg (siehe Zelking) stand bei Melk.
Gerhard Stenzel; Von Burg zu Burg in Österreich (1973), Seite 237